Archiv der Kategorie: Blog

Nicht im Heft, nur im Netz: Aktuelle Meldungen, Beiträge und Interviews.

Überprüfung von Reisenden: US-Behörden wollen Fingerabdrücke in EU abfragen

Für die Teilnahme am Visa Waiver Programm erlaubt Israel den USA Zugang zu seinen biometrischen Daten. Die Regierung in Washington will dies für weitere 40 Länder vorschreiben.

Die US-Regierung hat ein Schreiben an EU-Mitgliedstaaten verschickt, das eine Verstärkte Partnerschaft für Grenzsicherheit (Enhanced Border Security Partnership – EBSP) ankündigt. Darin soll der Zugriff auf Fingerabdruck-Datenbanken durch US-amerikanische Grenzbehörden geregelt werden. Dies würde eine Bedingung für Länder, deren Staatsangehörige visafrei in die Vereinigten einreisen können.

Auch die Bundesregierung hat am 9. Februar eine solche Mitteilung von der US-Botschaft erhalten, antwortet das Innenministerium auf eine parlamentarische Schriftliche Frage. Die Vorschrift soll demnach ab 2027 gelten. „Im Wesentlichen soll damit wohl unter anderem ein Austausch von biometrischen Daten, unter anderem von Reisenden, ermöglicht werden“, schreibt das Ministerium und will weitere Einzelheiten klären. Überprüfung von Reisenden: US-Behörden wollen Fingerabdrücke in EU abfragen weiterlesen

Neues Westbalkan-Scharnier für Europol und Frontex

Die EU-Agenturen können zwar inzwischen enger mit ausgewählten Drittstaaten kooperieren, allerdings gab es bislang kaum Formate für die politische und strategische Verabredung von grenzpolizeilichen Maßnahmen außerhalb des Schengen-Raums. Für Südosteuropa hat Österreich jetzt Fakten geschaffen.

Nach einer zweitägigen „Rückführungskonferenz“ hat Österreichs Innenministerium am Dienstag dieser Woche weitere Maßnahmen der „Joint Coordination Platform“ (JCP) „gegen die illegale Migration“ angekündigt. Das erst ein Jahr alte Netzwerk soll „flexible Rückführungspartnerschaften“ mit Westbalkan-Staaten abschließen. Hinter dem Begriff verbergen sich Abschiebungen von Menschen, deren Schutzgesuch in der EU abgelehnt wurde, oder die sich aus diesem Grund zu einer „freiwilligen“ Rückkehr entschließen. Neues Westbalkan-Scharnier für Europol und Frontex weiterlesen

Berliner Polizei verlängert Taser-Pilotprojekt

Andere Bundesländer setzen „Distanzelektroimpulsgeräte“ bereits im Streifendienst ein, bundesweit sind mindestens sechs Menschen nach deren Einsatz gestorben.

Seit vier Jahren testet die Polizei in Berlin die Nutzung von Tasern auch für die alltägliche Arbeit, bis dahin war dies lediglich Spezialeinheiten vorbehalten. Das Projekt geht auf eine Idee des früheren CDU-Innensenators Frank Henkel zurück, umgesetzt wurde es ab 2015 durch seinen SPD-Nachfolger Andreas Geisel.

Die Polizeiabschnitte 53 (Kreuzberg) und 57 (Mitte) sind dafür mit jeweils zehn der „Distanzelektroimpulsgeräte“ (DEIG) ausgestattet, über weitere acht Geräte verfügt die „Brennpunkt-und Präsenzeinheit“ der Polizeidirektion 5 (City). Das schreibt die Innenverwaltung in der Antwort auf eine Anfrage des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion, Niklas Schrader. Insgesamt seien für das Projekt 40 Taser beschafft worden. Zahlen für das SEK werden „aus einsatztaktischen Gründen“ nicht genannt. Berliner Polizei verlängert Taser-Pilotprojekt weiterlesen

Polizeibeauftragte in Schleswig-Holstein: Reale Verbesserung oder gleichbleibende Polizeihörigkeit?

Von Irene

Als Mitarbeiterin der unabhängigen Beschwerdestelle in Kiel bearbeitete eine Staatsschützerin einen Fall aus einem Umfeld, zu dem sie im Polizeidienst selbst ermittelt hatte. Noch mehr läuft dort aber gehörig schief. Ein Erfahrungsbericht.

Die Grünen rühmten sich 2016 für die Einführung der Polizeibeauftragten beim Landtag in Schleswig-Holstein, angeblich unabhängig von der Polizei. So sollte eine Ansprechpartnerin geschaffen werden für Bürgerinnen und Bürger, die sich über Probleme mit der Polizei des Landes Schleswig-Holstein beschweren möchten. Unabhängige Beschwerdestellen werden auch seit Jahren von amnesty international gefordert, um Polizeigewalt zu bekämpfen. In anderen Bundesländern wird bei solchen Forderungen Schleswig-Holstein als Positivbeispiel genannt. Schauen wir uns die Realität an, ein Experiment, was denn so eine unabhängige Beschwerdestelle taugt. Polizeibeauftragte in Schleswig-Holstein: Reale Verbesserung oder gleichbleibende Polizeihörigkeit? weiterlesen

BMI entscheidet sich für “Survivor R” von Rheinmetall

Lennart Mühlenmeier

Die Bundespolizei erhält zehn neue Sonderwagen, die Bereitschaftspolizeien der Länder weitere 45. Ihre Auslieferung erfolgt ab 2023.

Das Vergabeverfahren für den neuen Sonderwagen der 5. Generation fand ein Ende: Bereits am 15. November erhielt Rheinmetall Landfahrzeuge GmbH den Zuschlag. Das hatte mir die Pressestelle des Beschaffungsamts des Bundesinnenministerium (BMI) tags darauf auf Anfrage mitgeteilt, jedoch dürften “keine weiteren Detailauskünfte” erteilt werden. So blieb unklar, um welches Modell es sich schließlich handelte. Nach einer Schriftlichen Anfrage des MdB Andrej Hunko gibt es nun Details. Demnach entschied sich das BMI für den “Survivor R”. Rheinmetall soll 45 Exemplare des Polizeipanzers an die Länderpolizeien und zehn Exemplare an die Bundespolizei liefern. Dort werden sie der Direktion Bereitschaftspolizei unterstellt.

Der “Survivor R” wird der Nachfolger für den “Sonderwagen 4”. Dabei handelt es sich um den vierrädrigen “TM-170”, den das Beschaffungsamt des BMI vor 35 Jahren in Dienst gestellt hat. Das meist grün und später auch dunkelblau lackierte Fahrzeug mit Räumschild wurde anfangs von Thyssen-Maschinenbau gefertigt, nach deren Übernahme erfolgte die Produktion durch Rheinmetall Landsysteme. BMI entscheidet sich für “Survivor R” von Rheinmetall weiterlesen

Bürgerrechtliche Terraingewinne – oder grün-liberale Deko?

Bürger*innenrechte & Polizei im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Bund

„Naja. Viel Schönes dabei“ lässt Marc-Uwe Kling eine  Buchhändlerin in der „Känguruh-Offenbarung“ eines seiner früheren Werke kommentieren. Gleiches ließe sich auch über den innenpolitischen Teil des nun den Parteien zur Abstimmung vorliegenden Koalitionsvertrages von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sagen. Wo es allerdings ans Eingemachte geht, wird die Koalition ihrer Verantwortung als Hüterin des Bestehenden nachkommen.

In keinem Satz kommt dies wohl schöner zum Ausdruck als jenem ersten aus dem Abschnitt zum Verfassungsschutz: „Nachrichtendienste sind ein wichtiger Teil der wehrhaften Demokratie“. Bürgerrechtliche Terraingewinne – oder grün-liberale Deko? weiterlesen

Pushbacks: „Niemand darf einfach Menschenrechte außer Kraft setzen“

Seit einigen Jahren häufen sich Meldungen, wonach einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union Geflüchtete an ihren Außengrenzen aufgreifen und mit Gewalt zurückweisen. In der Ägäis hat die griechische Küstenwache in Hunderten Fällen Boote mit Schutzsuchenden in türkische Gewässer geschleppt oder auf Rettungsinseln ausgesetzt, damit sie in Richtung der Türkei zurücktreiben. Auch in Kroatien ist die völkerrechtswidrige Praxis von internationalen Medien zweifelsfrei belegt, ähnliche Berichte kommen beinahe täglich aus Litauen und Polen an der Grenze mit Belarus.

Mit Ausnahme von Polen ist Frontex in allen Regionen in verschiedenen Missionen im Einsatz, einige der Pushbacks erfolgten unter den Augen oder sogar unter Mithilfe der Grenzagentur. Eigentlich müsste der Direktor Fabrice Leggeri den Artikel 46 der Frontex-Verordnung aktivieren und – wie in Ungarn – die Zusammenarbeit mit den betreffenden Ländern einstellen. Stattdessen geht Leggeri zum Angriff über und behauptet, Zurückweisungen könnten sogar legal sein. Darüber haben wir mit dem Rechtsanwalt und Experten für Migrationsrecht, Matthias Lehnert gesprochen. Pushbacks: „Niemand darf einfach Menschenrechte außer Kraft setzen“ weiterlesen

„Gefährder“ und „Gefahren“: Forschungsprojekt sucht Unterstützung

Im Rahmen eines Forschungsprojekts beschäftigt sich die Forschungsgruppe „Computergestützte Sozio- und Diskurslinguistik“ (CoSoDi) an der Universität Siegen aus einer sprachwissenschaftlichen Perspektive mit dem sprachlich-diskursiven Umgang mit ‚Risiken‘ und ‚Gefahren‘ im Kontext staatlicher Gefahrenabwehr. Da hierbei vor allem auch der behördliche Fachdiskurs empirisch untersucht werden soll, sucht die Forschungsgruppe nach sprachlichen Rohdaten aus dem juristischen bzw. polizeilichen Arbeitskontext der Gefahrenabwehr und ist dankbar für entsprechende Hinweise.

Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich sicherheitsbehördliche Maßnahmen im Namen der Gefahrenabwehr immer mehr in das sogenannte Gefahrenvorfeld verlagert. D.h. sie setzen vermehrt zu einem Zeitpunkt an, an dem zwar (noch) keine „konkrete Gefahr“ im Sinne des Gefahrenabwehrrechts vorliegt, die Sicherheitsbehörden aber dennoch von einer potentiellen Bedrohung ausgehen. „Gefährder“ und „Gefahren“: Forschungsprojekt sucht Unterstützung weiterlesen

Vorratsdatenspeicherung: Betroffene sexualisierter Gewalt wollen sich nicht instrumentalisieren lassen

Nachdem im Oktober 2019 der Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach ans Licht gekommen war, riefen nicht nur Bundesinnenminister Horst Seehofer, einige seiner Länderkollegen, die ehemalige Familienministerin Franziska Giffey, der Deutsche Richterbund und die unvermeidlichen Polizeigewerkschaften wieder einmal nach der anlasslosen und massenhaften Speicherung von Kommunikationsverkehrsdaten auf Vorrat, um Kinderpornographie besser bekämpfen zu können. Auch Johannes-Wilhelm Rörig, der von der Bundesregierung eingesetzte Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauches, legte im Oktober 2020 ein Positionspapier vor, in dem er “eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung” forderte, ohne jedoch darauf einzugehen, was er sich darunter vorstellt. Vorratsdatenspeicherung: Betroffene sexualisierter Gewalt wollen sich nicht instrumentalisieren lassen weiterlesen

Aufgaben- und Befugniszuwachs für die Bundespolizei

Der Bundestag hat am 10. Juni die Novelle des Bundespolizeigesetzes verabschiedet. Mit dieser Novelle soll die Zuständigkeit der Bundespolizei deutlich ausgeweitet werden. Muss sie nach derzeitiger Rechtslage die meisten Strafverfahren aus ihrem Zuständigkeitsbereich – etwa an Bahnhöfen – an die Landespolizeibehörden abgeben, soll sie zukünftig für die Strafverfolgung aller Delikte in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich zuständig sein. Auch im Bereich der Gefahrenabwehr erhält die Bundespolizei Befugnisse, die bislang den Ländern vorbehalten waren, etwa die Anordnung von Meldeauflagen. Sie verliere damit ihr Gepräge als Sonderpolizei des Bundes mit begrenzten Aufgaben, wie Prof. Dr. Clemens Arzt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin in einer Stellungnahme an den Innenausschuss des Bundestages deutlich machte.[1] Mit der Neufassung greift die Bundespolizei nicht nur in der Strafverfolgung, sondern auch in der Gefahrenabwehr weit in den Zuständigkeitsbereich der Länder ein. Dafür erhält sie außerdem eine Reihe neuer Befugnisse, unter anderem zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Aufgaben- und Befugniszuwachs für die Bundespolizei weiterlesen