Interview mit vier Aktivisten aus drei Generationen
Die Geschichte der BRD ist auch eine Geschichte des Protests.So wie sich seine Formen geändert haben, hat sich auch die Herangehensweise der Polizei an das Protestgeschehen gewandelt. Zusammen mit Christoph Ellinghaus, Susanne Falke, Karen Ullmann und Wolf Wetzel gehen wir auf Spurensuche. Die Fragen stellten Martin Beck, Heiner Busch und Matthias Monroy.
Bevor wir tiefer in das Thema einsteigen, wie hat Eure eigene Demonstrationsgeschichte begonnen?
Wolf Wetzel: Meine Erfahrungen beziehen sich auf militante Zusammenhänge, angefangen mit den Demonstrationen zu Zeiten des Häuserkampfes in Frankfurt am Main Anfang der 70er Jahre. Die Polizei operierte damals in großen Einheiten. Immer wieder kam es zu Verletzten und Schwerverletzten. Auch wenn wir öfter verprügelt wurden, so war dennoch die Ohnmacht, die Aussichtslosigkeit nicht dominierend. Das lag zum einen an der politischen Stimmung, zum anderen an ganz materiellen Bedingungen: Wir trugen – wenn gewollt – Helme und andere Schutzkleidung wie z.B. Armschützer, was erst später als „Passivbewaffnung“ verboten wurde. Eine kleine Demogeschichte – Protest und Polizei in den letzten vierzig Jahren weiterlesen →
Im November 2010 wurde erneut hochradioaktiver Müll aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich ins Zwischenlager Gorleben transportiert. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat die Proteste gegen den Castortransport und das Vorgehen der Polizei beobachtet.
In verschiedenen Politikbereichen entsteht der Eindruck, dass sich die Regierungen mit Arroganz über den Willen der Bevölkerung hinwegsetzen und nicht einmal mehr versuchen, ihre politischen Entscheidungen zu vermitteln. Das ruft breite Empörung hervor. Erfahrungen mit polizeilicher Gewalt gegen die Protestierenden führen – wie unlängst das Beispiel „Stuttgart 21“ zeigte – nicht zum Rückzug, sondern zur Haltung „jetzt erst recht“. Dies hätte auch das Motto der Demos und Aktionen gegen den jüngsten Castor-Transport sein können. Kurz zuvor hatte die Bundesregierung mit der Atomlobby eine Laufzeitverlängerung für die bestehenden Atomkraftwerke ausgehandelt. Gegen die Aufkündigung des „Atomkonsenses“, den die KritikerInnen wegen der noch viel zu langen Restlaufzeiten nie als Atomausstieg werten wollten, mobilisierte die Antiatombewegung seit längerem. Castortransport ohne Grundrechte – Böse Schotterer und gute Sitzblockierer? weiterlesen →
Anfang Juni gaben sich die Staats- und RegierungschefInnen der Gruppe der acht mächtigsten Industriestaaten ihr jährliches Stelldichein – diesmal im Ostseebad Heiligendamm. Proteste gegen diese Demonstration der Macht waren nicht erwünscht. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat die Ereignisse mit einer Gruppe von BeobachterInnen begleitet.[1]
Seit die WTO-Ministerkonferenz 1999 wegen massiver Proteste abgebrochen werden musste, gelten Gipfeltreffen als gefährdete Ereignisse. Mit dem legitimatorischen Rückenwind des 11.9.2001 und nachfolgender Anschläge scheint den Sicherheitsbehörden heute jedes Mittel recht, Proteste publizistisch in den Dunstkreis des Terrorismus zu rücken, einzuschränken und weitestgehend zu verbieten. Von Beginn an sah sich denn auch das breite und heterogene Bündnis, das zu den Protesten gegen den G8-Gipfel mobilisierte, mit repressiven und eskalierenden politisch-polizeilichen Strategien konfrontiert. Früh begannen vor allem Bundeskriminalamt (BKA) und Verfassungsschutz medienwirksam vor terroristischen Anschlägen, vor Straf- und Gewalttätern zu warnen, mussten aber bei Nachfragen zugeben, über keine konkreten Hinweise zu verfügen. Das verhinderte jedoch nicht, dass die Sicherheitsbehörden seit Anfang 2007 eine Art polizeiliche Propaganda der Tat entfalteten. Gipfel des Sicherheitswahns – Politik, Protest und Polizei beim G8-Gipfel 2007 weiterlesen →
Das Polizeirecht in der Schweiz befindet sich im Wandel. Neuere gesetzliche Regelungen zeigen, dass die Polizeitätigkeit immer mehr über die bloße Gefahrenabwehr hinaus in den präventiven Bereich vorstößt. Eine bewusste Reflexion dieses Prozesses findet in der Regel nicht statt, gedanklich bewegt man sich weiterhin auf den bisherigen Pfaden.
Bis auf wenige Ausnahmen ist die Polizei in der Schweiz Sache der Kantone. In zahlreichen Kantonen ist das Polizeirecht traditionellerweise kaum gesetzlich geregelt. Auch im Kanton Zürich, immerhin dem bevölkerungsreichsten der Schweiz, fehlt bisher ein umfassender Erlass, der die Befugnisse der Polizei festlegen würde. Detailliertere Regelungen über die polizeiliche Tätigkeit existieren lediglich in Form interner, nicht öffentlich zugänglicher Dienstanweisungen. Schleichende Ausdehnung ins Vorfeld – Aktuelle Entwicklungen des Polizeirechts in der Schweiz weiterlesen →
Vor und während der IWF-Tagung 1988 im herbstlichen Berlin nutzte die Polizei vor allem das Mittel der verdachtsunabhängigen Personenkontrollen, um Informationen zu gewinnen. Als Rechtsgrundlage dienten zum einen das Berliner Polizeirecht (ASOG) und die Straßenverkehrsordnung, zum anderen der Kontrollstellenparagraph 111 StPO. Wir berichteten darüber in CILIP 31 (S.99 ff.). Inzwischen gibt es einige Details mehr zum Umfang der Kontrollen nach 111 StPO und eine, dem Generalbundesanwalt geltende Rüge des Bundesgerichtshofes. Ein Nachtrag: „Die größte Datenaktion der Berliner Polizei“ weiterlesen →
Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.