Archiv der Kategorie: CILIP 072

(2/2002) Versammlungsfreiheit, Demonstrationen und Polizei

OK-Abkommen mit Osteuropa

Im Juli 2002 beschloss der Bundestag ein Gesetz zur bilateralen polizeilichen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung Organisierter Kriminalität und des Terrorismus mit Litauen und Slowenien.[1] Darin geht es insbesondere um die operative Durchführung gemeinsamer Maßnahmen und die gegenseitige Übermittlung personenbezogener Daten von Tatbeteiligten, Drahtziehern und Hintermännern (wobei diese Informationen nur an die Justiz- und Polizeibehörden übermittelt und von diesen nur nach Zustimmung der ursprünglich übermittelnden Stellen weitergeleitet werden dürfen). OK-Abkommen mit Osteuropa weiterlesen

EU-Terror-Liste

Ende letzten Jahres verabschiedete die EU erstmals eine öffentliche Liste derjenigen Personen und Organisationen, gegen die „die zuständigen Behörden gestützt auf ernsthafte und schlüssige Beweise oder Indizien“ u.a. strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung bzw. Unterstützung einer terroristischen Straftat aufgenommen haben. In ihrer ersten Version umfasste die Liste 13 Organisationen und 29 Personen, nach zwei Überarbeitungen sind es nunmehr 31 Organisationen und 35 Personen – acht Araber und 27 Basken. EU-Terror-Liste weiterlesen

Misshandlungen mit Todesfolge in Köln

Im Anschluss an seine Festnahme wegen aggressiven Verhaltens wurde der 31-jährige Stephan Neisius am 11. Mai 2002 in einem Polizeiwagen und später auf der Kölner Eigelsteinwache von sechs Polizeibeamten schwer misshandelt; nach zweiwöchigem Koma starb der Mann am 24. Mai Zwei Polizeibeamte sagten aus, als der Streifenwagen zur Wache gekommen sei, sei „Empfangskommando“ gerufen worden – eine dort scheinbar übliche Art, schwierige Zuführungen zur Wache zu benennen. Der an Händen und Füßen gefesselte Neisius sei daraufhin brutal geschlagen, getreten und schließlich an den Füßen durch den Flur in die Zelle geschleift worden. Misshandlungen mit Todesfolge in Köln weiterlesen

IMSI-Catcher durch die Hintertür

Noch im letzten Heft hat CILIP über die fehlende Rechtsgrundlage für den Einsatz des sogenannten „IMSI-Catchers“ für die Strafverfolgung berichtet.[1] Nachdem der Bundesgesetzgeber bereits im Terrorismusbekämpfungsgesetz, das am 1.1.2002 in Kraft trat, den IMSI-Catcher für den Verfassungsschutz des Bundes legalisierte, hat die Regierungsmehrheit den Einsatz des Gerätes zur Ortung, Identifizierung und Überwachung von Mobilfunkanschlüssen nun auch in der Strafprozessordnung (StPO) explizit geregelt. IMSI-Catcher durch die Hintertür weiterlesen

Informationsfreiheitsgesetze

Gut ein Jahr lang wurde zwischen den Bundesministerien, Lobbyisten und den Regierungsfraktionen um das in der rot-grünen Regierungserklärung versprochene Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gerungen. Nach­dem im April ein überarbeiteter Gesetzentwurf bekannt geworden war, der den Einwänden der Transparenz-Gegner weitgehend folgte, erklärten Politiker der Grünen Anfang Juni das Vorhaben für vorerst gescheitert. Der Entwurf hatte die Ausnahmen vom Prinzip der Informationsfreiheit erheblich erweitert (vor allem in den Bereichen des Verteidigungs- und Wirtschaftsministeriums und der Geheimdienste); außerdem beharrte der Finanzminister auf „kostendeckenden“ Gebühren. Informationsfreiheitsgesetze weiterlesen

Polizeiliche Todesschüsse 2001

von Otto Diederichs

Während der Schusswaffengebrauch bei der Polizei in den Jahren 1999 mit 3.410 und 2000 mit 3.594 Fällen relativ stabil war, haben deutsche Polizisten im vergangenen Jahr wieder deutlich häufiger zu ihrer Schusswaffe gegriffen. Mit insgesamt 4.172 Waffeneinsätzen liegt deren Zahl um mehr als 500 Fälle über der des Vorjahres.

Bei seiner Vorstellung der offiziellen Schusswaffengebrauchsstatistik erklärte der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Bremens Innensenator Kuno Böse, diese rasante Zunahme damit, dass die Beamten im Jahre 2001 ihre Schusswaffen öfter gegen gefährliche, verletzte oder kranke Tiere hätten einsetzen müssen. Dies sei 3.950 Mal der Fall gewesen, während es im Jahre 2000 nur 3.382 Schüsse gewesen seien. Polizeiliche Todesschüsse 2001 weiterlesen

Chronologie

zusammengestellt von Marion Knorr

März 2002

01.03.: Beschuldigter im RZ-Prozess frei: Der Haftbefehl gegen den ehemaligen Hausmeister des Berliner Kulturzentrums Mehringhof, Axel Haug, wird am 28.2. vom Berliner Kammergericht außer Vollzug gesetzt. Haug gesteht Unterstützungsleistungen für die Revolutionären Zellen (RZ) ein, verneint aber das Vorhandensein von Waffendepots im Mehringhof. Am 8.5. wird mit Harald Glöde der letzte von insgesamt fünf Angeklagten freigelassen.

Hohe Haftstrafen für junge Neonazis: Wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verhängt die Jugendkammer München gegen fünf Angeklagte im Alter von 18 bis 25 Jahren Strafen in Höhe von 15 Monaten bis 6 Jahren. Die Männer hatten im Januar vergangenen Jahres den Griechen Artemios T. vor einem Lokal brutal zusammengeschlagen.

02.03.: Polizei stellt Nazi-GegnerInnen Rechnung: Es wird bekannt, dass DemonstrantInnen, die am 1.5.2001 in Frankfurt a.M. gegen einen Neo-Nazi-Aufmarsch protestiert hatten, von der Polizei Gebührenbescheide wegen „Nichtbefolgung von Platzverweisen“ erhalten haben. Die Polizei rechnet „Transport und Ingewahrsamnahme“ mit 56 EUR ab. Chronologie weiterlesen

Biometrische Identifizierungssysteme – Auf dem Weg zur automatischen Überwachung

von Martina Kant und Heiner Busch

In Ausweispapiere und Visa sollen biometrische Daten eingetragen werden. So sieht es das Anfang des Jahres in Kraft getretene „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ vor. Verfahren zur automatisierten Wiedererkennung körperlicher oder verhaltensspezifischer Merkmale haben nach dem 11. September verstärkt Konjunktur, obwohl keines der Systeme bisher technisch ausgereift ist.

Personen anhand unveränderlicher körperlicher Merkmale zu identifizieren, gehört seit langem zum Geschäft der Polizeibehörden. Die Vermessung von Körper und Kopf, die Anthropometrie bzw. Bertillonage (benannt nach ihrem Erfinder, dem französischen Arzt Auguste Bertillon), bildete die Grundlage der ersten Messkartenzentralen, die diverse europäische Polizeien seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts aufbauten. Nur dreißig Jahre später begann die Daktyloskopie den Erkennungsdienst zu revolutionieren. Bereits 1925 verfügten alle Polizeien Europas über Fingerabdruckregister. Diktaturen leisteten sich den „Luxus“, nicht nur Verdächtige und Fremde, sondern gleich die gesamte Bevölkerung zu erfassen: Seit seiner Einführung unter Franco im Jahre 1940 enthält der spanische Personalausweis einen Fingerabdruck.

Im Unterschied zu diesen traditionellen Techniken der Identifizierung geht es bei biometrischen Verfahren um eine automatische Wiedererkennung. Die Identifizierung besorgt nicht mehr ein menschlicher Kontrolleur, der z.B. das Gesicht einer vor ihm stehenden Person mit dem Bild auf dem Ausweis oder dem Fahndungsfoto vergleicht, sondern ein Computer. Biometrische Identifizierungssysteme – Auf dem Weg zur automatischen Überwachung weiterlesen