Fast zwei Jahre dauerte die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen einem dunkelhäutigen Architekturstudenten aus Kassel und der Bundespolizei.[1] Oberflächlich gesehen ging es dabei um Beleidigung, im Kern jedoch um die „verdachtsunabhängigen“ Kontrollen der Bundespolizei und ihre rassistischen Implikationen. Der Student war im Zug kontrolliert worden – wegen seiner Hautfarbe, wie später bestätigt wurde. Racial Profiling bei verdachtsunabhängigen Kontrollen weiterlesen
Archiv der Kategorie: CILIP 101-102
(1+2/2012) Staatlicher Kampf gegen rechts
Umstrittene Ausbildungshilfe für Weißrussland
Die Bundespolizei hat weißrussische Polizeiangehörige in der „Bekämpfung der illegalen Migration“ und der „Bewältigung von polizeilichen Lagen“ geschult.[1] Die Bereitschaftspolizeien der Länder führten überdies elf Maßnahmen zur polizeilichen Ausstattungs- und Ausbildungshilfe durch, darunter zu Einsätzen bei Sportgroßveranstaltungen und einer „Erläuterung polizeilicher Schwerpunkte in einer Stadt (Ballungsräume)“. Das Bundeskriminalamt half den Kollegen in Minsk mit Workshops zu „Operativer Analyse“, in denen „Grundlagen und Methoden der polizeilichen Informationsverarbeitung“ vermittelt wurden. Umstrittene Ausbildungshilfe für Weißrussland weiterlesen
Neu ausgerichteter Verfassungsschutz? Konsequenzen der Innenminister aus dem NSU-Debakel
von Heiner Busch
Im Falle NSU hat der Verfassungsschutz komplett versagt. An seine Abschaffung mögen die Innenminister jedoch nicht einmal denken. Ein Jahr nach der Aufdeckung des NSU planen sie die Modernisierung und Zentralisierung des Inlandsgeheimdienstes.
Die Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder (IMK) „steht auch weiterhin zu ihrer Aussage, dass der Verfassungsschutz eine Institution des demokratischen Rechtsstaates und maßgebliche Bewertungsinstanz für Extremismus ist.“ So steht es in der Pressemitteilung, die der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern als derzeitiger Vorsitzender der IMK am 7. Dezember 2012 herausließ. Das Gremium hatte sich in den Tagen zuvor nicht nur mit dem NPD-Verbot, sondern auch mit der „zukünftigen Ausrichtung des Verfassungsschutzes“ befasst und eine neue Richtlinie für die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt und den Landesämtern beschlossen. „Die im Verlauf des letzten Jahres erkannten Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden können damit unterbunden werden.“ Das seltsam anmutende Bekenntnis der Innenminister zu ihrem Inlandsgeheimdienst sollte wohl die seit November 2011 andauernde Debatte um das Versagen des Verfassungsschutzes im Falle NSU, der übrigens in der Presseerklärung nur als „aktuelle Ereignisse“ vorkommt, abschließen. Neu ausgerichteter Verfassungsschutz? Konsequenzen der Innenminister aus dem NSU-Debakel weiterlesen
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe 101-102 (1-2/2012)
Trotz allem: gegen das NPD-Verbot. Wer das Parteiverbot bestellt, kauft die fdGO mit ein
von Heiner Busch
Die Innenministerkonferenz hat am 5. Dezember 2012 empfohlen, einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren zu nehmen. Ein Akt symbolischer Politik, der dem angeschlagenen Verfassungsschutz, der dafür eine Materialsammlung erstellt hat, mehr Legitimität beschert.
Außen billige, papp-süße Schokolade, innen hohl – das sind die Nikoläuse, die man Kindern in der Nacht zum 6. Dezember in die Stiefel steckt. Das Geschenk, das die Innenministerkonferenz (IMK) auf ihrer Dezembersitzung der bundesdeutschen Öffentlichkeit gemacht hat, ist von ähnlicher Qualität. Das neue NPD-Verbotsverfahren, das der Bundesrat inzwischen beschlossen hat, täuscht einen entschlossenen Kampf gegen den Rechtsextremismus vor, schmeckt aber vor allem nach der alten „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Weder die Neonazi-Szene noch der bis weit in die Mitte der Gesellschaft und – notabene – in die staatliche Migrationspolitik reichende Rassismus werden dadurch erledigt. Trotz allem: gegen das NPD-Verbot. Wer das Parteiverbot bestellt, kauft die fdGO mit ein weiterlesen
Chronik des NSU-Skandals
zusammengestellt von Martina Kant
November 2011
04.11.: Mundlos und Böhnhardt erschossen aufgefunden: Nach einem Banküberfall finden Polizeibeamte gegen Mittag in Eisenach die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem brennenden Wohnmobil. Dabei entdecken sie neben der Beute auch zahlreiche Schusswaffen.
Explosion in Zwickau: Gegen 15 Uhr zündet Beate Zschäpe die gemeinsam mit Böhnhardt und Mundlos genutzte Wohnung in der Frühlingsstraße 26 an und flieht.
07.11.: Polizeiwaffen gefunden: Das LKA Baden-Württemberg teilt mit, dass die beiden im Wohnmobil gefundenen Dienstwaffen der am 25. April 2007 in Heilbronn erschossenen Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter und ihrem damals schwerverletzten Kollegen gehören.
08.11.: Zschäpe stellt sich: In Begleitung ihres Anwalts erscheint die Gesuchte bei der Polizei in Jena. Chronik des NSU-Skandals weiterlesen
Polizeiliche Todesschüsse 2011: Richtige und falsche Kommentare zur Statistik
von Otto Diederichs
Insgesamt 36-mal haben im vergangenen Jahr Polizisten auf Personen geschossen. Sechs Menschen wurden dabei getötet und weitere 15 verletzt. Dies geht aus der jährlichen Schusswaffengebrauchsstatistik der Innenministerkonferenz (IMK) hervor.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), derzeit IMK-Vorsitzender, ließ die Statistik umgehend veröffentlichen,[1] nachdem die CILIP-Redaktion Anfang Mai nachgefragt hatte. Das ist ungewöhnlich; in den zurückliegenden Jahren war hierzu meist mehrfache Drängelei und gelegentlich bei der Recherche auch erst einmal ein Umweg notwendig. Polizeiliche Todesschüsse 2011: Richtige und falsche Kommentare zur Statistik weiterlesen
Rechtswidrige Datenberge: Dresden im Februar 2011
von Elke Steven
Ein Verfahren nach § 129 Strafgesetzbuch (kriminelle Vereinigung) gegen eine „Antifasportgruppe“ sollte der Stadt Dresden im Februar 2011 fast grenzenlose Ermittlungsbefugnisse verschaffen. Funkzellenabfragen mit rund einer Million Daten, Einsatz von IMSI-Catchern und bundesweite Hausdurchsuchungen beschäftigen noch immer die Gerichte.
Jahrzehntelang war in Dresden dem „Mythos der unschuldigen Stadt“ gehuldigt worden. Man pflegte eine unkritische Sicht auf die Rolle der Stadt im nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskrieg. In diesem Kontext schien es normal, dass Mitglieder der NPD und stadtbekannte Nationalisten und Rassisten gemeinsam mit Vertretern anderer Parteien und sonstigen Bürgern der Opfer der Bombardierung der Stadt durch die Alliierten am 13. Februar 1945 gedachten. Daneben entwickelte sich der alljährliche Aufmarsch von NPD und Kameradschaften an diesem Jahrestag zu einem immer größeren und bedeutenderen Ereignis für die gesamte extreme Rechten, von Rechtskonservativen bis zu militanten Neonazis. In Hochzeiten defilierten bis zu 7.000 durch die sächsische Landeshauptstadt. Was sie einte, war die Inszenierung Dresdens als Opfer eines „Bombenholocausts“. Rechtswidrige Datenberge: Dresden im Februar 2011 weiterlesen