Schlagwort-Archive: Bundespolizei

NATO-Mission zur Lösung der „Flüchtlings- und Migrationskrise“ in der Ägäis: Details weiter unklar

Beim Treffen der NATO-VerteidigungsministerInnen am 10. und 11. Februar hat die Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen (CDU) den Regierungen der Türkei und Griechenlands zur Lösung der „Flüchtlings- und Migrationskrise“ die Entsendung von Kriegsschiffen und -flugzeugen angeboten. Profitorientierte Fluchthelfer sollen durch Kapazitäten des derzeit von Deutschland geführten Stehenden Marineverbands 2 (SNMG 2) bekämpft werden.

Der Flottenverband wird von dem deutschen Versorgungsschiff „Bonn“ angeführt, ebenfalls beteiligt sind eine türkische, eine griechische und eine kanadische Fregatte. Die Regierungen der Türkei und Griechenlands stimmten Medienberichten zufolge zu, dass das taktische Kommando des Marineverbandes nicht von der Türkei, sondern von anderen Alliierten übernommen wird. In einem „Aufruf an die Alliierten“ werden diese aufgefordert, den Marineverband zu verstärken. Als erster weiterer NATO-Staat hat heute Frankreich die Entsendung eines Schiffes zugesagt. NATO-Mission zur Lösung der „Flüchtlings- und Migrationskrise“ in der Ägäis: Details weiter unklar weiterlesen

Geheimnisse im Informationszeitalter:  Informationsfreiheit, Akteneinsicht und Innere Sicherheit

„Informationsfreiheit“, Zugang der BürgerInnen zu den Informationen über den Staat und zu den Daten, die der Staat (über sie) sammelt, gehört schon lange zum Repertoire demokratisch-bürgerrechtlicher Forderungen. Aber die Abschottung des Sicherheitsbereichs vor dem Volk hat bislang nur kleine Kratzer abbekommen.

Das Prinzip der Öffentlichkeit ist untrennbar mit der Vorstellung von Demokratie verbunden: Was nicht öffentlich ist, was nicht allen Bürger­Innen bekannt ist (oder sein könnte), das kann auch nicht zum Gegenstand der allgemeinen Willensbildung und Entscheidung werden. In dem Maß, wie sich der Staatsapparat der Öffentlichkeit entzieht, steht er im Widerspruch zum demokratischen Selbstverständnis. Geheimnisse im Informationszeitalter:  Informationsfreiheit, Akteneinsicht und Innere Sicherheit weiterlesen

Anlasslose Kontrollen der Bundespolizei: Das Verbot rassistischer Diskriminierung ist absolut

von Hendrik Cremer

„Niemand darf wegen … seiner Rasse … benachteiligt oder bevorzugt werden“, heißt es in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG). Diese Fundamentalnorm der Verfassung lässt Polizeikontrollen, die auf einer Methode des „Racial“ oder „Ethnic Profiling“ beruhen, nicht zu. Die Polizei darf unveränderliche Merkmale, die das äußere Erscheinungsbild eines Menschen prägen, nicht als Auswahlkriterium für anlasslose Personenkontrollen heranziehen.

§ 22 Abs. 1a des Bundespolizeigesetzes (BPolG) ermächtigt die Bundespolizei, Personen in Bahnhöfen, Zügen und Flughäfen zum Zweck der Migrationskontrolle ohne konkreten Anlass und ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren. Die Bundespolizei kann demnach jede Person anhalten, befragen und Ausweispiere verlangen sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen. Die Bestimmung ist zwar dem Anschein nach neutral, führt aber zu rassistischen Diskriminierungen und verstößt damit gegen das Diskriminierungsverbot.[1]

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Institutionalisierter Rassismus – Racial Profiling – nicht nur bei Kontrollen

von Heiner Busch

Die Polizisten seien „schnurstracks“ auf sie zugekommen und hätten ihn und seinen minderjährigen Sohn kontrolliert. Der Junge habe gefragt, warum die Beamten in dem vollbesetzten Waggon nur sie beide nach den Papieren gefragt haben. „Kann die Antwort darauf sein: Wir sehen viel gefährlicher aus? Wir sehen illegaler aus? Ich habe gesagt, das ist vielleicht nur Zufall, die Polizei macht nur Stichproben. Aber ich weiß, dass es keine Stichprobe ist.“ Der grüne Bundestagsabgeordnete Memet Kiliç erzählt diese Episode in dem Film „ID without colours“ von Riccardo Valsecchi.[1]

Dass sie und nur sie herausgepickt und kontrolliert werden, ist eine Alltagserfahrung, die dunkelhäutige oder „fremd“ aussehende Menschen immer wieder machen. Es ist eine erniedrigende Erfahrung, denn der unausgesprochene Begleittext zur Kontrolle lautet: „Egal, was in eurem Pass steht; egal, ob eure Papiere in Ordnung sind; egal, warum ihr hier seid und ob ihr seit Ewigkeiten hier lebt – ihr seht anders aus, ihr seid immer verdächtig und eigentlich gehört ihr nicht hierher.“ Institutionalisierter Rassismus – Racial Profiling – nicht nur bei Kontrollen weiterlesen

Eine kleine Demogeschichte – Protest und Polizei in den letzten vierzig Jahren

Interview mit vier Aktivisten aus drei Generationen

Die Geschichte der BRD ist auch eine Geschichte des Protests. So wie sich seine Formen geändert haben, hat sich auch die Herangehensweise der Polizei an das Protestgeschehen gewandelt. Zusammen mit Christoph Ellinghaus, Susanne Falke, Karen Ullmann und Wolf Wetzel gehen wir auf Spurensuche. Die Fragen stellten Martin Beck, Heiner Busch und Matthias Monroy.

Bevor wir tiefer in das Thema einsteigen, wie hat Eure eigene Demonstrationsgeschichte begonnen?

Wolf Wetzel: Meine Erfahrungen beziehen sich auf militante Zusammenhänge, angefangen mit den Demonstrationen zu Zeiten des Häuserkampfes in Frankfurt am Main Anfang der 70er Jahre. Die Polizei operierte damals in großen Einheiten. Immer wieder kam es zu Verletzten und Schwerverletzten. Auch wenn wir öfter verprügelt wurden, so war dennoch die Ohnmacht, die Aussichtslosigkeit nicht dominierend. Das lag zum einen an der politischen Stimmung, zum anderen an ganz materiellen Bedingungen: Wir trugen – wenn gewollt – Helme und andere Schutzkleidung wie z.B. Armschützer, was erst später als „Passivbewaffnung“ verboten wurde. Eine kleine Demogeschichte – Protest und Polizei in den letzten vierzig Jahren weiterlesen

Top oder Flop? Werthebach-Kommission und neue Sicherheitsarchitektur

von Albrecht Maurer

Ende 2010 löste der Bericht der Werthebach-Kommission[1] wüste Proteste aus. Bundespolizei (BPol) und Bundeskriminalamt (BKA), die Polizeigewerkschaften und einige Landesinnenminister wehrten sich gegen eine Fusion der beiden „Sonderpolizeien des Bundes“. Nach dem Amtsantritt des neuen Bundesinnenministers schienen die Pläne erledigt. Wirklich?

Den Vorschlag, „aus den Polizeien des Bundes eine Polizei des Bundes zu machen“, fände er „überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert“, hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärt, als er am 19. Dezember 2010 den Bericht der von ihm einberufenen Kommission unter Vorsitz des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckart Werthebach, präsentierte. „Kurz und schnell“ wollte er die Organisationsreform vollziehen und deshalb bereits im März 2011 eine Grundsatzentscheidung treffen.[2] Dazu kam es – dank der Kabinettsrochade – nicht mehr. Top oder Flop? Werthebach-Kommission und neue Sicherheitsarchitektur weiterlesen

Bürgerkrieg in Askania – Europäisches Polizeitraining in Lehnin

von Matthias Monroy

Mit den European Union Police Forces Trainings und der Europäischen Gendarmerietruppe schafft sich die Europäische Union ein stattliches Arsenal zivil-militärischer Intervention – nicht nur im Ausland.

„Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus“, frohlockte ein Sprecher der Bundespolizei in der April-Ausgabe der Hauspostille. Gemeint war die Vorbereitung auf das European Union Police Forces Training (EUPFT), das dieses Jahr zum dritten Mal Polizeien aus EU-Mitglied­staa­ten zum Aufstandsbekämpfungstraining versammelte.[1]

Geübt wurde im fiktiven Örtchen Rauhberg auf dem militärischen Truppenübungsplatz Lehnin, rund 20 Kilometer westlich von Potsdam. Der Hausherr Bundeswehr preist Rauhberg als deutschlandweit einmalige „Ortskampfanlage“ mit Schule und Reisebüro, Flugplatz und Bäckerei und sogar einer potemkinschen Eisdiele. Die 70 Häuser werden von einem kleinen Kanalnetz und Unterführungen ergänzt. Stolz rapportiert der „Platzkommandant“ des Truppenübungsplatzes gegenüber der Lokalpresse, dass nicht nur „Soldaten verschiedener Länder“ regelmäßig in Lehnin trainieren. Die europaweit einmalige Anlage sei auch bei Rettungskräften vom Deutschen Roten Kreuz und Technischem Hilfswerk sowie polizeilichen Spezialkräften beliebt. Bürgerkrieg in Askania – Europäisches Polizeitraining in Lehnin weiterlesen

Policing the world – Polizeihilfe als Teil einer militarisierten Außenpolitik

von Jonna Schürkes

Das Ziel der Ausstattungs- und Ausbildungshilfe für Drittstaaten ist der Export von Staatlichkeit, der sich allerdings auf Sicherheitskräfte, vor allem auf Polizei und Militär, beschränkt. Durch diese „Hilfe“ sollen die Sicherheitskräfte an die Geberländer angebunden werden und eine – deren Interessen entsprechende – Ordnung herstellen und aufrechterhalten.

Die These vom „asymmetrischen Krieg“ hat sich offiziell durchgesetzt. Die Sicherheit Deutschlands und der Europäischen Union – so das Weißbuch der Bundeswehr von 2006 und die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003[1] – werde heute weniger durch feindliche Staaten bedroht als durch „nichtstaatliche Akteure“: Terroristen, organisierte Kriminelle, religiöse Extremisten, Aufständische, Migranten stellten auch „über große Entfernungen hinweg“ und unabhängig davon, ob sie den Weg in die EU schaffen oder nicht, eine Gefahr dar. Terroristen bedrohten „unsere“ Sicherheit nicht erst, wenn sie in Deutschland Attentate verüben, sondern bereits dann, wenn sie beispielsweise „unsere“ Energieversorgung gefährden. In diesem Bedrohungsbild wird die Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit aufgehoben, und die Aufgaben ziviler und militärischer Akteure verwischen zunehmend. Policing the world – Polizeihilfe als Teil einer militarisierten Außenpolitik weiterlesen