Schlagwort-Archive: Bundespolizei

Racial Profiling in Deutschland: Keine Frage individuellen Fehlverhaltens

von Bafta Sarbo

Als Racial Profiling werden rassistische Polizeikontrollen bezeichnet, bei denen Menschen anhand von phänotypischen Merkmalen, insbesondere der Hautfarbe, polizeilichen Maßnahmen unterzogen werden. Trotz aller Kritik bleibt es eine ständige Praxis der Polizei.

Den Begriff Racial Profiling und die Diskussionen darüber kennen viele vor allem aus den USA, aber auch in Deutschland und allen anderen europäischen Ländern gibt es sie. Allerdings hat Racial Profiling in Deutschland eine andere Grundlage als in den USA. Hier geht es seltener darum, Drogendelikte festzustellen, sondern in der Regel um Migrationskontrolle, also darum illegale Einreisen, unerlaubte Grenzübertritte festzustellen. Eine zentrale Rechtsgrundlage sind dabei die §§ 22 und 23 des Bundespolizeigesetzes (BPolG), die es der Bundespolizei erlauben, nicht nur an Grenzen, sondern insbesondere an Bahnhöfen, Flughäfen und in Zügen Menschen zu kontrollieren.[1] Racial Profiling in Deutschland: Keine Frage individuellen Fehlverhaltens weiterlesen

Granatwerfer für die Polizei – Militärisch gerüstet gegen Terror und im Alltag

Die ständige Warnung, dass die Bundesrepublik oder gar die gesamte EU im „Fadenkreuz des internationalen Terrorismus“ stünden, erzeugt sprachlich einen permanenten Ausnahmezustand, der sich nicht nur in der Nachrüstung des Polizei-, Geheimdienst- und Strafverfolgungsrechts niederschlägt, sondern auch auf der Ebene der Ausstattung und Ausbildung der Sicherheitskräfte.

Vielfach wurde in den vergangenen Jahren darüber berichtet, dass die Bundesländer „Sturmgewehre“ für ihre Polizeien angeschafft haben. Von welchen Einsatzszenarien man dabei ausgeht, hat ein Lobbyist von Heckler & Koch 2016 in der Zeitschrift „Polizeipraxis“ der Gewerkschaft der Polizei eindrücklich dargestellt:[1] Die Entwicklung der mittlerweile vielfach beschafften MP 7 mit einem Kaliber von 4.6 mm x 30 gehe auf Erfahrungen aus dem Afghanistankrieg der 80er zurück, in dem Kämpfer der Taliban eine Reihe von Kalaschnikow-Magazinen vor der Brust trugen. Diese hätten von der bis dahin in Maschinenpistolen verwendbaren Munition nicht durchschlagen werden können. Bei den Attentaten von Paris seien die Täter aber genau so ausgestattet gewesen. Granatwerfer für die Polizei – Militärisch gerüstet gegen Terror und im Alltag weiterlesen

„Wie nach einem Wildwest-Überfall“: Razzien und Verfahren gegen linksunten.indymedia

Interview mit einem Betroffenen

Am 25. August machte Bundesinnenminister Thomas de Maizière das vereinsrechtliche Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia bekannt. Am gleichen Tag durchsuchte die Polizei das autonome Zentrum KTS sowie die Wohnungen mehrerer angeblicher Mitglieder des nun verbotenen „Vereins“. Matthias Monroy sprach mit einem Betroffenen.

Weil das Bundesinnenministerium mutmaßliche Verantwortliche der Webseite in Freiburg im Breisgau ausmachte, wurde das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit dem Vollzug beauftragt. Die Betroffenen werden nach dem Vereinsgesetz verfolgt. Als BetreiberInnen hätten sie Kenntnis strafbarer Inhalte gehabt, aber ihre Möglichkeit nicht genutzt, diese zu löschen. Bei den Razzien wurde auch das autonome Zentrum in Freiburg durchsucht. Dort gefundene Technik und Gelder wurden als „Vereinsvermögen“ beschlagnahmt. „Wie nach einem Wildwest-Überfall“: Razzien und Verfahren gegen linksunten.indymedia weiterlesen

Videos zum Hinfassen: BodyCams in den USA und der BRD

von Volker Eick

Mit der BodyCam am RoboCop, also der Einführung von am Polizeikörper getragenen Videokameras und dem dazugehörigen Equip­ment, werden die TrägerInnen des staatlichen Gewaltmonopols seit gut zehn Jahren sukzessive auch zu TrägerInnen stattlicher Technologie, die im Angelsächsischen unter Body-Worn, On-Officer oder Lapel Camera firmiert.

Die ersten BodyCams führten Anfang der 2000er Jahre die dänischen und schwedischen Polizeien ein. Ab 2005 begann die Ausrüstung der britischen, ab 2008 die der US-amerikanischen Polizeien. 2009 starteten die Niederlande mit Tests, ab 2012 Australien und Kanada. Ab 2013 folgten Belgien, Deutschland, Frankreich und Spanien. Im Januar 2015 begann in Norwegen der Einsatz von BodyCams in Kombination mit Überwachungsdrohnen, Finnland startete Versuche Ende 2015, seit März 2016 schließlich trägt auch Österreichs Polizei BodyCams, in der Schweiz trägt man stattdessen (noch) Bedenken.[1] Videos zum Hinfassen: BodyCams in den USA und der BRD weiterlesen

Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf – Mehr Geld, mehr Personal und neue Waffen für die Polizei

Polizei und Geheimdienste erhalten im „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ nicht nur immer neue Befugnisse, sie werden auch personell aufgestockt und neu ausgestattet: Tausende Stellen bei Polizei, Sondereinheiten, Schutzausrüstung und Bewaffnung – Versuch einer Bestandsaufnahme.

Nicht ohne Stolz verwies der Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Armin Schuster, auf das Wirken seiner Kollegen in der Innenpolitik bei der Aufstellung des Haushalts 2017: „Der Plan der CDU- und CSU-Innenpolitiker unter Stephan Mayer war 2014 … den Haushalt des Innenressorts mit einem echten Aufwuchs zu versehen. … Das war ein Mehrjahresplan. … Ich bedanke mich auch beim Koalitionspartner, dass wir das … konzentriert und geduldig durchgezogen haben.“[1] Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf – Mehr Geld, mehr Personal und neue Waffen für die Polizei weiterlesen

Spitzeln gegen unerwünschte Migration: Neue Befugnisse der Bundespolizei

Auch die Bundespolizei darf künftig Verdeckte ErmittlerInnen führen. Die Regelung ist Teil des neuen ,,Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus“, das der Bundestag am 24. Juni 2016 mit den Stimmen der Großen Koalition beschlossen hat.

In der Beschlussempfehlung des Innenausschusses heißt es, der Einsatz von Verdeckten ErmittlerInnen (VE) sei für die von der Bundespolizei (BPol) nunmehr seit 20 Jahren übernommenen zentralen polizeilichen Aufgaben „unerlässlich und längst überfällig“.[1] In der Diskussion um den Gesetzentwurf meldete sich auch BPol-Präsident Dieter Romann zu Wort. In einer verspätet eingereichten Stellungnahme[2] begründete er den Bedarf nach Befugnissen zur verdeckten Ermittlung zur Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten mit dem Phänomen der „illegalen Migration“. Die BPol könne der Vorgehensweise von „Schleusungsorganisationen“ nicht mehr in ausreichendem Maße „mit den traditionellen herkömmlichen Methoden“ begegnen. Spitzeln gegen unerwünschte Migration: Neue Befugnisse der Bundespolizei weiterlesen

Die Polizei in der Flüchtlingsaufnahme: Verschwimmende Aufgaben

Als im Sommer 2015 die Zahl der ankommenden Geflüchteten stieg, übernahm die Polizei zahlreiche Aufgaben der Asyl- und Sozialbehörden. PolizistIn­nen halfen, Geflüchtete zu registrieren, unterzubringen und zu versorgen – an der Grenze, an Bahnhöfen, in den Ländern und Kommunen. Die Polizei mit ihrer eigenen Logik, Organisationsweise und ihren Arbeitsstrukturen prägt seither auch die Flüchtlingsaufnahme.

In der Sommerausgabe 2016 des Mitarbeitermagazins der Bundespolizei (BPol) konnten sich die BeamtInnen über ihre persönlichen „Beschwerden …, familiären Probleme, Ängste und die Frage nach dem Sinn des einen oder anderen Einsatzes … im Migrationseinsatz“ äußern. Viele klagten über ihre starke Belastung infolge der Fluchtmigration. Die Polizei in der Flüchtlingsaufnahme: Verschwimmende Aufgaben weiterlesen

Vollzugsphantasien:  Rechtslage und Praxis von Abschiebungen in Deutschland

von Maximilian Pichl

Die Forderung nach härteren und schnelleren Abschiebungen ist derzeit wieder besonders laut und schlägt sich in zahlreichen Asylrechtsverschärfungen nieder. Tatsächlich kann von „Vollzugsdefiziten“ keine Rede sein. Denn ausgeblendet werden tatsächliche Gründe, die gegen Abschiebungen sprechen.

 „Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt. Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“ Mit diesen Worten im Interview mit der Rheinischen Post provozierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine öffentliche Debatte über ein angebliches „Vollzugsdefizit“ von Abschiebungen in Deutschland.[1] Freilich basierten die vom Minister genannten Zahlen auf keiner validen Basis. Nach kritischen Rückfragen musste sein eigenes Ministerium eingestehen, dass die Zahlen nicht gedeckt waren. Zurückzuführen waren die Zahlen auf einen Bericht der „Arbeitsgruppe Vollzugsdefizite“, einer Unterarbeitsgruppe der „Bund-Länder-Arbeitsgruppe Rückführung“ (AG Rück), die aus leitenden BundespolizistInnen und LandesbeamtInnen besteht und seit einigen Jahren „geheime Berichte“ an Medien lanciert. In den Berichten bemängelt die Arbeitsgruppe lasches Verwaltungshandeln, fehlenden politischen Willen und insbesondere die Interventionen aus der Zivilgesellschaft, die zur Verhinderung von Abschiebungen führen würden. Vollzugsphantasien:  Rechtslage und Praxis von Abschiebungen in Deutschland weiterlesen